Facharztausbildung am Uniklinikum Salzburg: Talenteschmiede für Generalisten und Spezialisten

Facharztausbildung am Uniklinikum Salzburg: Talenteschmiede für Generalisten und Spezialisten

08.10.2020

Angehende Fachärzte wie PMU-Alumna Marie Dietrich seien "wie ein Lottosechser", sagt Herbert Reitsamer. Der Vorstand der Uniklinik für Augenheilkunde und Optometrie in Salzburg erklärt in der aktuellen Ausgabe von Paracelsus Today, gemeinsam mit der jungen Medizinerin, was eine gute Facharztausbildung und gute Ärzte ausmacht.

Paracelsus Today: Wie kommt man als Klinikvorstand zu Talenten wie Marie Dietrich? Und was reizt die Studierenden an einer Mitarbeit und Ausbildung in Ihrer Klinik?

Herbert Reitsamer: Es ist sehr wichtig, bei den Medizinstudierenden bereits in den frühen Fächern das Interesse für ein Fach und für die Mitarbeit bzw. für Praktika zu wecken und gute Kontakte zu knüpfen. Dass ich Marie bereits als Interviewer im Aufnahmeverfahren mit auswählte, sie mir als Vortragender in den Vorlesungen so positiv auffiel, sie das Forschungstrimester und die Facharztausbildung bei mir absolvierte, das ist allerdings ein besonders schöner und seltener persönlicher Reigen.

Marie Dietrich: Die Augenklinik hat bei den Medizinstudierenden der PMU einen guten Ruf. Primar Reitsamer fördert Talente und das Team besteht aus kompetenten jungen Oberärzten und engagierten Assistenzärzten. Sie alle sind motiviert und haben Drive, das Arbeitsklima ist gut: Das ist natürlich reizvoll. Es gibt immer wieder PMU-Alumni an der Klinik und ich habe mich jedes Mal gefreut, wenn wieder welche zum Team gestoßen ist.

Herr Prof. Reitsamer, Sie sagten, Sie seien "eine wirkliche Ausbildungsklinik". Was bedeutet das?

Herbert Reitsamer: Wir bauen uns an der Klinik selbst Leute auf, haben tollen Nachwuchs – das ist unter den Absolvent*innen der Medizinunis bekannt und wir haben keinen Mangel an Bewerbern. Zurzeit gibt es drei PMU-Studierende, die Interesse an einer Mitarbeit an unserer Klinik haben. Um aufgenommen zu werden, werden sie einige Tage lang zur Probe arbeiten, danach entscheiden wir gemeinsam im Team, ob die Kandidat*innen zu uns passen.

Wie steht es an Ihrer Klinik mit der Forschung: Sind alle (Assistenz-)Ärzte auch wissenschaftlich tätig?

Herbert Reitsamer: Forschen ist nicht Pflicht. Allerdings sollten jeder Arzt und jede Ärztin es einmal mit Forschung versucht haben, um den Mehrwert für die Patientenarbeit zu erkennen. Marie zum Beispiel hat gewusst, dass sie die Forschung nicht zum Hauptthema ihres Berufs machen will, dennoch hat sie in einem gewissen Ausmaß geforscht. Ihre wissenschaftliche Arbeit im Forschungstrimester widmete sich einer Speziallinsen-Studie.

Marie Dietrich: Es braucht ein gewisses Maß an Leidenschaft für die Forschung, da man diese neben der Patientenversorgung ja auch in der Freizeit betreiben muss. Und Interesse an wissenschaftlichen Arbeiten bzw. Papers ist wichtig, weil man Infos auch finden und hinterfragen können muss.

Wie setzt sich Ihr Team zusammen?

Herbert Reitsamer: Es gibt Generalisten und Spezialisten an unserer Klinik, aber jeder und jede Einzelne hat ganz individuelle Talente. Spezialisten suchen sich ihr Gebiet selbst. Bei Marie war es erst das Glaukom-Thema, ehe sie das Linsen-Gebiet für sich entdeckte und dabeiblieb. Generell ist es wichtig, Interesse zu haben und sich ein Mehr an Wissen aneignen zu wollen. Deshalb berate ich Assistenzärzte bei der Aus- und Weiterbildung.

Was macht einen guten Arzt / eine gute Ärztin aus?

Herbert Reitsamer: Die Dankbarkeit der Patient*innen ist angenehm, sollte aber nicht das Hauptmotiv sein, um Arzt oder Ärztin zu werden. Von der Persönlichkeit her gehören Leidenschaft und Interesse an den Funktionen des menschlichen Körpers dazu, um ein guter Arzt oder eine gute Ärztin zu sein. Doch es ist auch wichtig, vor lauter Leidenschaft nicht auszubrennen und darauf achte ich in meinem Team. Die Augenheilkunde ist ein chirurgisches, aber auch ein sehr klinisch beobachtendes Fach, es gibt am Auge nichts zum direkt Angreifen, aber viel zu sehen. Man muss all die Feinheiten ziseliert unterscheiden können, denn das macht große Unterschiede in der Diagnose aus.

Marie Dietrich: Ich denke, dass unter anderem auch ein starkes Interesse am Fach und an den Patienten bestehen muss, dazu Bereitschaft zur ständigen Weiterbildung und zum Dazulernen. Durch meine Mitarbeit in der Allgemeinen Ambulanz und in der Sehschule konnte ich zusätzlich viel lernen. Und als ich im Lockdown zu Hause saß, habe ich trotzdem Fortbildungen gemacht.

Was machte den Erfolg von Frau Dr. Dietrich aus?

Herbert Reitsamer: Unter anderem, dass der Erfolg von Operationen nicht nur von der perfekten Technik abhängig ist, sondern auch von der Beratung und der Nachkontrolle. Neben ihrer hohen fachlichen Kompetenz bewundere ich die unerschütterliche Freundlichkeit Marie Dietrichs den Patient*innen gegenüber, daneben ihre große Bestimmtheit. Ihr Gespür für Leute ist unglaublich.

Marie Dietrich: Im Umgang mit Patienten muss man neben der medizinischen Expertise auch Geduld aufbringen und sie gut und kompetent beraten können. Speziell in meinen Beratungsgesprächen muss ich Patient*innen auch durchaus hartnäckig von unrealistischen Erwartungshaltungen abbringen, wenn zum Beispiel eine gewünschte Operation nicht für sie geeignet ist oder kontraproduktiv wäre.

Sind Sie mit allen PMU-Studierenden und -Alumni so zufrieden? Wie ist Ihr Eindruck von der medizinischen Ausbildung an der Paracelsus Universität?

Herbert Reitsamer: PMU-Studierende sind auf einem außergewöhnlich aktuellen Stand der Literatur, fachlich sehr fit und professionell. Die Absolventinnen und Absolventen der PMU sind sowohl vom praktischen Level als auch vom wissenschaftlichen Hintergrund her auf einem hohen Standard – das ist für die ärztliche Tätigkeit enorm wichtig.

Das Interview ist in Paracelsus Today 2/2020 erschienen – gemeinsam mit einem Porträt über Dr. Marie Dietrich.

Interview: Sabine Ritzinger * Fotos: PMU/wildbild