Heuschnupfen beeinflusst Immunzellen im Gehirn und die Entstehung neuer Nervenzellen

Heuschnupfen beeinflusst Immunzellen im Gehirn und die Entstehung neuer Nervenzellen

11.08.2016

Bei Heuschnupfen denkt man vor allem an juckende Nasen und tränende Augen. Dass eine Gräserpollenallergie jedoch auch Gehirnfunktionen beeinflussen könnte, scheint auf den ersten Blick etwas überraschend. Eine kürzlich veröffentlichte Studie von Barbara Klein und Ludwig Aigner von der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität in Salzburg hat jetzt in Zusammenarbeit mit Josef Thalhamer und Richard Weiss von der Paris Lodron Universität Salzburg entsprechende Hinweise gefunden.

Das Forscherteam hat unter anderem eine Region im Hippocampus untersucht, in der auch im Erwachsenen ständig neue Nervenzellen entstehen und die eine wichtige Rolle für Lernen und Gedächtnis spielt. In einem Allergiemodell wurde gezeigt, dass die Anzahl neu gebildeter Nervenzellen bei akuter Gräserpollenallergie erhöht ist. Zusätzlich haben die Wissenschaftler die residenten Immunzellen des Gehirns analysiert (im Bild links: Mikrogliazellen im Hippocampus). Überraschenderweise waren die Immunzellen in dieser Region in der Allergie weniger aktiviert als im gesunden Zustand.

Das genaue Gegenteil ist schon längere Zeit aus Modellen für bakterielle Infektionen bekannt. Hier kann nicht nur in der Peripherie, sondern auch im Gehirn eine Aktivierung der Immunzellen beobachtet werden. Es ist heute weitgehend bekannt, dass Immunantworten im Körper auch das Gehirn beeinflussen können. Es wird vermutet, dass dies auch ein Faktor sein könnte, der zu Gehirnalterung beiträgt: Periphere Entzündungsprozesse stehen im Verdacht, auch Immunzellen des Gehirns zu aktivieren, was wiederum schädlich für Gehirnfunktionen wie Lernen und Gedächtnis sein kann. Die meisten bisherigen Studien zu diesem Thema haben sich jedoch auf Modelle für bakterielle Infektionen beschränkt, obwohl Allergien zu den häufigsten chronisch entzündlichen Erkrankungen gehören. So betrifft beispielsweise allergische Rhinitis inzwischen weltweit bis zu 10 bis 30 Prozent der Bevölkerung.

Die Beobachtung, dass Allergie das Entstehen von neuen Nervenzellen fördert (ein Prozess, der im Alter abnimmt), während gleichzeitig die Aktivität der Immunzellen des Gehirns heruntergefahren wird, wirft viele interessante Fragen auf: Macht es für das Gehirn langfristig einen Unterschied, ob man an Allergien leidet oder zum Beispiel anfällig für Erkältungen ist? Beeinflussen solche Erkrankungen eine gesunde Alterung des Gehirns? Diese Studie ist ein erster kleiner Schritt zur Beantwortung dieser Fragen. Ein Folgeprojekt, das akute und chronische Allergiemodelle miteinander vergleicht, um festzustellen, ob die beobachteten Effekte vorübergehend sind oder längerfristig auftreten, ist in Vorbereitung.

Barbara Klein, Heike Mrowetz, Josef Thalhamer, Sandra Scheiblhofer, Richard Weiss and Ludwig Aigner: "Allergy Enhances Neurogenesis and Modulates Microglial Activation in the Hippocampus" Front. Cell. Neurosci., 28 June 2016 http://journal.frontiersin.org/article/10.3389/fncel.2016.00169/full

Foto auf der Startseite: iStock