Preis für herausragende Leistung in der extrazellulären Vesikel-Forschung

Preis für herausragende Leistung in der extrazellulären Vesikel-Forschung

27.10.2021

In die Forschung mit extrazellulären Vesikeln werden weltweit große Hoffnungen gesetzt: Sie zählt zu den wichtigsten Zelltherapien der Zukunft. Die Paracelsus Medizinische Privatuniversität nimmt mit dem GMP-Labor auf diesem Gebiet eine „Pole-Position“ ein. Eva Rohde, Direktorin im GMP-Labor, bekam für ihre herausragende wissenschaftliche Arbeit jetzt den Philip-Levine-Preis der deutschen Gesellschaft für Transfusionsmedizin und Immunhämatologie verliehen. Die Auszeichnung wurde nach dem Hämaotologen Levine benannt, der Blutgruppenunverträglichkeiten von Mutter und Baby in der Schwangerschaft entdeckte. Rohde gibt diese Anerkennung an GMP-Produktions- und Forschungsleiter Mario Gimona und das gesamte Team weiter.

Extrazelluläre Vesikel, lange nur als „Müllsystem“ der Zellen abgetan, haben im Körper eine wichtige Funktion: Sie übertragen zielgerichtet Informationen zwischen Zellen, Organen und sogar zwischen unterschiedlichen Organismen. Vesikel haben Potential als Schleusensysteme. Ihre Rolle gilt vor allem auch in der Regenerativen Medizin als vielversprechend. „Es ist, als ob zwei Seifenblasen miteinander verschmelzen würden. Die Information kommt so in die Zielzelle“, informiert Rohde. Die winzigen Partikel könnten künftig ungeahnte Möglichkeiten eröffnen: Von optimierter Wirkstoffverabreichung bis zur Entwicklung neuer Impfstrategien oder als Werkzeuge für neuartige Tumortherapien. Sie sind aktuell in den Fokus der biomedizinischen Forschung gerückt.

Forschungsgruppen aus Essen, Hannover und Salzburg mit dem GMP-Labor (Good Manufacturing Practice), wo in Reinraumumgebung produziert wird, spielen eine wichtige Rolle in der Entwicklung neuer Therapeutika auf Vesikel-Basis. Ein wesentlicher Vorteil der Winzlinge mit großer Wirkung liegt im Volumen, das im Vergleich zur Zelle bei einem Verhältnis von 1:3.000.000 liegt. Beschrieben wird bereits, dass die Absonderungen von Zellen die Fähigkeit haben, entzündliche Prozesse zu unterdrücken und die Narbenbildung zu reduzieren. Ein enormes Potenzial, das auch beim Einheilen von Hörimplantaten im Innenohr ein wichtiger Schlüssel sein könnte.

In Salzburg wurden bereits mehrere Heilversuche bei neurodegenerativen Erkrankungen durchgeführt. Vor allem auch ein Forschungserfolg am Innenohr nach dem Einsetzen eines Cochlea-Implantates gibt Hoffnung. „Es ist, als ob ein Flugzeug landen würde und alles abrasiert“, vergleicht Rohde mögliche Gewebsverletzungen am Innenohr nach einer Implantation. Der weltweit erste Patient wurde in Zusammenarbeit des Salzburger Teams rund um Eva Rohde bzw. Mario Gimona und dem Implantat-Zentrum Hannover mit einem in Salzburg hergestellten Präparat behandelt. Ziel war es, Narben zu reduzieren und entzündliche Prozesse zu stoppen. Bei rund 20 Prozent jener Patient*innen, die mit einem Cochlea-Implantat auf eine neue Lebensqualität hoffen, ist die Einheilung nicht optimal. Eva Rohde: „Eine Vernarbung rund um das Implantat kann wie ein Isolierkabel wirken und die Signalübertragung stören.“

Bei dem Patienten zeigte sich nach einer 24-monatigen Beobachtungszeit, dass der Therapieansatz mit Vesikeln sicher ist. Auch die Prozedur der Injektion während der Operation wurde gut vertragen. Wesentlich für weitere Studien: Auf der mit Vesikeln behandelten Seite konnte auch ein verbessertes Sprachverständnis beobachtet werden. Eine klinische Studie dazu ist derzeit in Vorbereitung.

Das GMP-Labor in Salzburg gehört weltweit zu den wenigen akademisch-pharmazeutischen Einrichtungen, die Vesikel für die Verabreichung am Menschen herstellen können. Internationale Einrichtungen wie das BioTech-Unternehmen „Paracrine Therapeutics“ aus Singapur kooperieren mit diesem Herzstück des Zentrums für Querschnitt- und Geweberegeneration. Salzburg hat in Hinblick auf Ausstattung, Expertise und Qualität eine herausragende Stellung.

Auch in der Covid-19-Forschung könnten die winzigen Zellabsonderungen helfen: Ein bedeutsamer gemeinsamer Nenner ist die vergleichbare Größe von Nanovesikeln und Viren. Die Vesikel könnten bei akut Covid-19-Kranken in Form von Inhalationen in der Lunge wirksam sein. Weltweit laufen verschiedene Studien.

Der Artikel „Extrazelluläre Vesikel – Zelltherapie der nächsten Generation“ von Professorin Eva Rohde und ihrem Co-Autor Prof. Bernd Giebel vom Universitätsklinikum Essen ist im aktuellen Fachmagazin Hämotherapie nachzulesen. Hämotherapie ist DAS deutschsprachige Fachmagazin für alle Anwender von Blutprodukten. Rohde organisiert auch eine weltweite Task Force, die sich mit dem therapeutischen Einsatz von Vesikeln beschäftigt.