Institut für Sehnen- und Knochenregeneration
Forschungsprojekte
Unsere laufenden Projekte können im Wesentlichen 3 Forschungsschwerpunkten zugeordnet werden:
Verletzte Sehnen zeigen oft eine beeinträchtigte Heilung mit der Bildung von steifem Narbengewebe und veränderter extrazellulärer Matrix (EZM). Diese Veränderungen, zusammen mit entzündlichen Prozessen, fördern die Entstehung von Sehnenerkrankungen. Eine gestörte EZM wurde bereits mit pathologischem Stoffwechsel in anderen Geweben in Verbindung gebracht. Daher wird angenommen, dass deregulierte Stoffwechselprozesse ebenfalls zur schlechten Sehnenheilung beitragen.Unsere jüngsten Erkenntnisse betonen die bedeutende Rolle des extrazellulären Matrixproteins SPARC für Sehnen (Wang, T., Wagner A., Gehwolf R. et al., 2021; Gehwolf R., et al., 2016). Im Alter nimmt die SPARC-Menge ab, was zu einer signifikanten Verschlechterung der Sehnenqualität führt. In diesem Großprojekt kartieren wir die zellulären und metabolischen Veränderungen in degenerierten Sehnen mithilfe von Einzelzell-RNA-Analyse und Metabolomics im SPARC-Knockout Mausmodell.Pilotdaten zeigen, dass die lokale Gabe von SPARC die Sehnenheilung positiv beeinflusst. Die Wirksamkeit von SPARC als therapeutisches Mittel zur Verbesserung der Sehnenheilung wird im Rahmen dieses Projekts ebenfalls untersucht.
Narbenbildung und regenerative Heilung sind physiologische Reaktionen auf akute Verletzungen in vielen Geweben. Im Gegensatz zur regenerativen Heilung führt die Narbenbildung zu Funktionseinschränkungen oder sogar zum vollständigen Funktionsverlust, was für Millionen von Patienten eine große Belastung darstellt. Die derzeitigen therapeutischen Goldstandards für Verletzungen erlauben keine Modulation auf zellulärer Ebene. Daher soll in diesem Projekt die Rolle eines vielversprechenden Kandidaten bei der Wundheilung untersucht werden, des Perizyten (PC) Neben ihrer Rolle in der Gefäßfunktion tragen diese Zellen auch zur Homöostase und Wundheilung bei. Aufgrund ihres Transdifferenzierungspotenzials sind PC potenziell sowohl für die Regeneration als auch für die Narbenbildung entscheidend. Die Charakterisierung der molekularen Signaturen von PCs, die zur nicht-regenerativen Heilung beitragen, im Gegensatz zu PCs, die an der regenerativen Heilung beteiligt sind, wird möglicherweise neue therapeutische Ansätze zur Förderung der Geweberegeneration liefern. In diesem transdisziplinären Projekt wird ein umfassender molekularer Atlas von PC-ähnlichen Zellen in gesunden Sehnen, Rückenmark und Sehnerven mittels Einzelzell-RNA-Sequenzierung erstellt werden. Zweitens wollen wir verschiedenen PC Subpopulationen in regenerierenden und nicht-regenerierenden Läsionen der Maussehne, des Rückenmarks und des Sehnervs identifizieren, um so die Rolle der PC bei einer pathologischen Narbenbildung (Fibrose) besser zu verstehen.
Ein bedeutendes Kennzeichen gesunder Sehnen ist ihr geringer Grad an Vaskularisierung. Das bedeutet neben geringer Nährstoffversorgung auch ein reduziertes Sauerstoffangebot im Vergleich zu stärker durchbluteten Geweben wie z.B. Muskeln. Wird eine Sehne pathologisch über- oder dauerhaft unterbelastet, so führt dies zu einer krankhaften Einsprossung von Blutgefäßen und in der Folge zur fibrotischen Schädigung des Gewebes, was bis zum Sehnenriss führen kann (Kortner S., et al.; 2015). Die Mechanismen, die dieser krankhaften Vaskularisierung zugrunde liegen, sind bisher ebenso unverstanden wie jene, die in gesunden Sehnen trotz geringem Sauerstoffangebotes verhindern, dass Blutgefäße übermäßig einwachsen (Tempfer H., et al.; 2019).
Unsere Forschung identifizierte eine neuartige Zellpopulation in Sehnen, die als "Tenophagen" bezeichnet wird und sowohl Sehnen- als auch Makrophagen-assoziierte Marker exprimiert (Lehner, C., et al.; 2019). Diese Zellen spielen möglicherweise eine Überwachungsfunktion in der Sehne und können bei Gewebeschädigungen durch die Ausschüttung von Signalmolekülen (Fraktalkin) Immunzellen aus dem Blutkreislauf anlocken. Interessanterweise zeigt unsere kürzlich im Lancet-Magazin "EBioMedicine" veröffentlichte Arbeit, dass Patient*innen mit Allergien häufiger an Sehnenerkrankungen leiden. In einem Mausmodell konnten wir Mechanismen aufzeigen: Allergien erhöhen den Entzündungsspiegel im Körper, was zur Aktivierung von Sehnenzellen führt und somit die Sehnenmatrix degradiert, die die Gewebequalität beeinträchtigt.
Unsere laufende Forschung zielt darauf ab, die Rolle der Tenophagen genauer zu verstehen und wie das Fraktalkinrezeptor-System aktiviert oder deaktiviert werden kann, um entzündliche Prozesse in der Sehne zu verringern und die Heilungsfähigkeit zu verbessern. Diese Erkenntnisse könnten nicht nur für Allergien, sondern auch für andere chronische Erkrankungen wie Diabetes oder Übergewicht relevant sein, und tragen somit zu einem erweiterten Verständnis von Sehnenerkrankungen in verschiedenen Patient*innengruppen bei.
In einem weitere Großprojekt fungieren wir als Projektpartner, welches sich mit dem Einsatz von Stammzellprodukten („Extrazelluläre Vesikel“) zur Behandlung von Sehnen- und Knochendefekten. Die Technologie ist auch zum Patent angemeldet (WO 2018/130554 A1) und wir konnten in einer kürzlich veröffentlichen Großtierstudie zeigen, dass die Applikation von Extrazellulären Vesikeln die Heilung von Verletzungen des Sehnenapparates in der Schulter (Rotatorenmanschette) signifikant verbessern kann (Jenner, F. 2023).