Forschung & Innovation
Publikationen
Zwischen Push-Benachrichtigung und Papa-Sein: Wie wir heutzutage mit Vätern forschen
PMU Autor*in
Carmen Wusatiuk
Alle Autor*innen
Carmen Wusatiuk
Kurzfassung
Die gesellschaftliche und wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Elternschaft war lange Zeit stark auf Mütter fokussiert. Während Mutter-Kind-Beziehungen bereits seit Jahrzehnten intensiv erforscht werden, rückten Väter erst ab den 1980er-Jahren allmählich in den Blick. Ein aktueller Vergleich wissenschaftlicher Publikationen (2024) zu Eltern-Kind-Interaktionen verdeutlicht dies: Während es 5.538 Beiträge zu Müttern gab, wurden Väter lediglich in 1.835 Publikationen thematisiert. Anzunehmen ist, dass Schlüsse aus der Mutter-Kind-Forschung häufig auf Väter übertragen werden – oftmals ohne empirische Grundlage.Ziel des Vortrags ist es, am Beispiel des Projekts „Smart.Daddy“ aufzuzeigen, warum Väter Forschungsperspektiven benötigen, die ihrer Rolle im Familiensystem gerecht werden. Im Projekt wird mittels Verhaltensbeobachtung und Selbstbeurteilung die Interaktion von Vätern mit ihren 4-7 Monate alten Babys im Zusammenhang mit Smartphone-Nutzung untersucht. Erste Ergebnisse (N = 12) zeigen: Väter nutzten ihr Smartphone täglich mehrere Stunden, wobei sich in Gegenwart des Kindes die Nutzung meisten auf unter 30 Minuten reduzierte. Auffällig sind Nutzungstendenzen bei geringer Interaktionsdichte – etwa beim Spazierengehen oder passiven Beobachten des spielenden Kindes. Subjektiv berichteten die meisten Väter, nur selten durch das Smartphone abgelenkt zu sein, etwa die Hälfte nutzte es jedoch gezielt zur Stressregulation.Die Analyse beobachtbaren väterlichen Verhaltens während der Smartphone-Nutzung zeigte, dass Väter auch in dieser Phase aktiv mit ihrem Kind interagieren –allerdings mit individuellen Unterschieden. Während einige Väter vokalisierten, Blickkontakt aufnahmen oder das Kind berührten, zeigten andere solche Verhaltensweisen deutlich seltener.Trotz methodischer Einschränkungen –wie der kleinen Stichprobe und fehlender direkter Vergleichsdaten zu Müttern –zeigen die Befunde: Väter interagieren mit ihren Kindern auf spezifische Weise, die sich nicht unmittelbar aus der Mutter-Kind-Forschung ableiten lässt. Im Rahmen des Projekts werden zudem forschungspraktische Herausforderungen wie die erschwerte Rekrutierung und geringe Teilnahmebereitschaft sichtbar. Dies unterstreicht die Relevanz zur Erarbeitung eigenständiger Forschungsperspektiven – mit dem Ziel, Väter nicht lediglich als Ergänzung zu Müttern, sondern als eigenständige Bezugspersonen sichtbar zu machen.
Keywords
SMARTPHONE, ELTERNSCHAFT, VATER-KIND-INTERAKTION, VÄTERFORSCHUNG